Eine Wohnmobiltour durch den Norden von Korsika
© Jutta & Rolf Zuppelli
Früh am Morgen los, ein paar Stunden auf dem Wasser, dann Land unter den Füßen. Noch nichts gesehen, noch nichts erlebt – aber alles liegt vor uns. Genau so, wie es sein soll.
Text und Fotos: Jutta und Rolf Zuppelli
Unsere Reise beginnt Ende April in Bastia, nachdem wir eine angenehme 4,5-stündige Überfahrt mit der Moby Line hinter uns haben. Die Entscheidung für diese Fährlinie fiel uns leicht: Direkt im Hafen von Livorno gibt es einen kostenlosen Stellplatz mit allem Komfort. Dazu kommt die Abfahrt um 8 Uhr morgens – perfekt, um gegen Mittag auf Korsika anzukommen und den ersten Tag bereits in vollen Zügen genießen zu können. Kaum angekommen, tauchen wir in das lebendige Flair von Bastia ein. Nach einer etwas kniffligen Parkplatzsuche finden wir oberhalb des Bahnhofs eine passende Stelle für unseren 6-Meter-Kastenwagen. Durch verwinkelte Gässchen schlendernd, erreichen wir den alten Hafen (Vieux Port) und die darüber thronende Zitadelle – eine Kulisse, die sofort begeistert. Besonders beeindruckend: Die Kirche St. Baptiste mit ihren beiden imposanten Glockentürmen, die höchsten der Insel.
Cap Corse – Ein Traum für Entdecker
Die erste große Entscheidung: Welche Route nehmen wir? Fahren wir die Küstenstraße entgegen dem Uhrzeigersinn, immer mit dem Meer zur Rechten, oder umgekehrt? Wir wählen die spektakulärere Variante entlang der Westküste – mit atemberaubenden Ausblicken und einer Straßenführung, die sich in Serpentinen an steilen Klippen entlangwindet. Nach nur 12 km erreichen wir unseren ersten Übernachtungsplatz in Castagnetu, hoch über dem Meer. Der Sonnenaufgang am nächsten Morgen mit Blick auf Elba und Pianosa ist ein Traum. Weiter geht es zum Fischerörtchen Erbalunga, wo wir den ersten Eindruck des entspannten korsischen Lebensgefühls genießen. In Macinaggio, dem größten Hafen der Halbinsel, lassen wir uns ein köstliches Fischgericht im Restaurant U Culombu schmecken – die Preise sind zwar gehoben, aber die Qualität überzeugt. Die D80 führt uns weiter ins Inselinnere, vorbei an 300 Meter hohen Bergen mit spektakulären Ausblicken auf das nördliche Cap Corse. Über eine etwas steinige und sandige Straße erreichen wir Tollare – ein kleines Paradies für Wohnmobil-reisende mit einem kostenlosen Stellplatz direkt am Wasser. Von hier unternehmen wir eine wunderschöne Wanderung entlang der Küste nach Barcaggio, stets mit Blick auf die kleine Insel Garaglia, den nördlichsten Punkt Korsikas. Ein Muss auf dieser Strecke ist die Mattei Mühle, ein ehemaliges Werbesymbol für den korsischen Likörwein Cap Corse Mattei. Der Likör, eine Mischung aus Muskateller, Vermentino und Kräutern, schmeckt besonders gut mit Eis, Zitrone und einem Spritzer Sprudelwasser.
Von Centuri bis zur Balagne
Nach einem kurzen Fotostopp am Hafen von Centuri Port – Wohnmobile sind hier leider nicht gern gesehen – geht es weiter nach Morsiglia. Bei Clos Paoli, einer kleinen Weinprobierstube direkt an der Straße, lassen wir uns einen spritzigen Muscat Secco mit feinem Pfirsicharoma schmecken. In Pino treffen wir nach langer Zeit wieder auf einen kleinen Supermarkt, bevor wir uns dem beeindruckenden schwarzen Sandstrand von Nonza nähern – entstanden aus dem Abraum eines ehemaligen Asbestwerks. Ein Aussichtspunkt in Nonza bietet einen spektakulären Blick auf diesen besonderen Küstenabschnitt. Die Fahrt führt uns nun durch die berühmte Weingegend um Patrimonio, wo die korsischen AOC-Weine aus den Rebsorten Vermentino, Sciaccarellu und Nielluccio entstehen. Bei Clos Santini probieren wir verschie-dene Weine und nehmen eine 3-Liter-Box Sangiovese für 16 Euro mit – ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis! Die mondäne Hafenstadt St. Florent mit ihren Superjachten beeindruckt uns nicht besonders – aber der Blick von der Zitadelle auf den alten Ortskern und Hafen ist sehenswert. Lieber weiter in die Balagne, die als Garten Korsikas bekannt ist! Wir erreichen das charmante Bergdorf Belgodere, wo wir im Café de France hausgemachte korsische Spezialitäten genießen.
Von Calvi bis zu den Calanches
Nach einem kurzen Stopp in L’Île-Rousse, wo wir keinen geeigneten Parkplatz finden, geht es weiter nach Calvi. Auf dem Campingplatz Les Castors lassen wir uns für zwei Nächte nieder. Von hier aus nehmen wir die Schmalspurbahn, die direkt entlang der Küste fährt, zurück nach L’Île-Rousse – eine wunderbare Art, die Stadt zu erkunden, ohne Parkplatzsorgen. Auch Calvi selbst begeistert uns: Die historische Zitadelle, die lebhaften Gassen und der Blick auf das tiefblaue Meer sind einfach herrlich. Ein weiteres Highlight ist die Fahrt entlang der spektakulären D81b bis zur Halbinsel La Revellata, wo eine kurze Wanderung zum Leuchtturm führt. Weiter geht es nach Galeria und ins wilde Fangotal, das mit seinem Flussbett aus riesigen Steinblöcken beeindruckt. Unser Stellplatz an der alten Ponte Vecchio ist perfekt für eine ruhige Nacht. Die Küstenstraße von Porto nach Piana zählt zu den schönsten der Insel. Besonders faszinierend in der Calanches sind die rot leuchtenden Granitfelsen, die im Licht der tiefstehenden Sonne ein magisches Farbspiel erzeugen. Zurück nach Porto; über den Pass Col de Palmeralla geht es ins Landesinnere, hier wird es bei Gegenverkehr zwar eng, aber mit unserem Kastenwagen ist das gut machbar.
Durchs Hochgebirge und zurück an die Ostküste
Über den Pass Col de Palmarella geht es ins Inselinnere. Die D84 führt uns durch eine wilde Schlucht und vorbei am beeindruckenden Lac de Calacuccia. Später durchqueren wir das urige Ascotal, wo wir kurz vor dem Monte Cinto (2706 m), dem höchsten Berg Korsikas, sogar ein kleines Skigebiet entdecken – Anfang Mai liegt hier allerdings nur noch matschiger Schnee.
Zurück an der Ostküste machen wir Halt in Cervione, wo wir in der Kathedrale von St. Erasmus eine der ältesten Barockkirchen Korsikas bestaunen. Direkt daneben lädt das Restaurant 3 Fourgettes zu einem leckeren Essen ein. Unser letzter Stellplatz auf der Insel ist der Camping-platz Calamar in Prunete – einfach, aber wunderschön direkt am Meer gelegen.
Fazit: Ein Traum für Wohnmobilreisende
Unsere Rundreise hat uns die Vielfalt Korsikas gezeigt – von wilden Küsten und steilen Gebirgen bis hin zu idyllischen Dörfern und historischen Stätten. Wer das Abenteuer liebt, sich von engen Straßen nicht abschrecken lässt und die Natur genießen möchte, für den ist Korsika ein absolutes Highlight. Wir kommen wieder!
© Fotograf, Guido Schmelich